Sprachbrücken bauen
Bildungsbereiche als Herausforderung im Übergang zur Schule
Gemeinsame Verantwortung, gemeinsame Projekte, eine gemeinsame Sprache: das 3. Leipziger Frühjahrssymposium Sprache & Kommunikation widmete sich dem Thema Übergang vom Elementar- in den Primarbereich. Es verdeutlichte, dass gelingende anschlussfähige Bildungsprozesse eines gemeinsamen Engagements bedürfen und mit vielfältigen Ideen erfolgreich gelebt werden können.
Die beiden Grußworte sprachen Prorektor Prof. Thomas Hofsäss von der Universität Leipzig und Ministerialrat Arnfried Schlosser vom Sächsischen Ministerium für Kultus, der die Arbeit des Landeskompetenzzentrums zur Sprachförderung an Kindertageseinrichtungen in Sachsen (LakoS) würdigte. Beide hoben die Bedeutung ganzheitlicher, alltagsintegrierter Sprachbildungsmaßnahmen in pädagogischen Einrichtungen erneut hervor.
Einen Einblick in die Thematik des Symposiums gab der Eröffnungsvortrag von Christian W. Glück, Professor für Pädagogik mit Förderschwerpunkt Sprache und Kommunikation an der Universität Leipzig und Initiator des Symposiums, gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Markus Spreer. Die Analyse von Bildungsplan und Lehrplan zeigt: die Institutionen Kindergarten und Schule können voneinander lernen. Eine durchgängige Bildungskonzeption wäre auch in Sachsen ein sinnvolles Ziel.
Was es heißt, Bildungsprozesse in der Transition gemeinsam zu gestalten, erläuterte Anna Spindler in Ihrem Vortrag am Beispiel des hessischen Bildungs- und Erziehungsplans. Sie wies darauf hin, dass Kita und Schule nicht nur konsequent in einer gemeinsamen Bildungsphilosophie handeln sollen, sondern dass es vor allem einer regelmäßigen Kooperation der Institutionen bedarf. Erfolg versprechen ein enger persönlicher Kontakt und die gemeinsame Überzeugung, dass Lernen im Dialog und in der Interaktion stattfindet.
Dr. Julia Höke vom TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen in Ulm teilte mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Ihre Erfahrungen aus dem Modellprojekt „Bildungshaus 3 – 10“. Das Projekt aus Baden-Württemberg macht deutlich, dass Kindertagesstätten und Schulen in der gemeinsamen Arbeit schnell mit den großen pädagogischen Themen konfrontiert werden. Wie ist mein Bild vom Kind, wie mein Verständnis von Bildungsprozessen? Ganz unterschiedlich gingen die teilnehmenden Modellstandorte mit den Möglichkeiten der Gestaltung der Zusammenarbeit um. Von der Teilnahme der Kindergartenkinder am Anfangsunterricht, über themenspezifische Projektarbeit, bis hin zu täglichen gemeinsamen Bildungshausaktivitäten reichte das Spektrum. „Wenn wertschätzende Auseinandersetzung gelingt und Ressourcen zur Verfügung stehen“ schloss Frau Höke den Vortrag, dann „sind Systemgrenzen gut zu überbrücken!“.
Early Literacy nimmt als zentrale Kompetenz im Übergang eine besondere Stellung ein. Mit den diagnostischen ILEA T Lesebüchern stellte Frau Prof. Katrin Liebers von der Universität Leipzig ein Dokumentationsinstrument vor, das es den Anwenderinnen und Anwendern ermöglicht, schnell und sicher die Lese-und Schreibkompetenzen des Kindes einzuschätzen und geeignete Fördermaterialien auszuwählen. Die entwickelten Lesebücher, Würfel- und Stationenspiele stehen allen Interessierten zum kostenlosen Download im Internet zur freien Verfügung.
Am Nachmittag erlebten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in parallelen Blocks Workshops und Vorträge zu den verschiedenen Bereichen des Bildungsplans und der zentralen Bedeutung von Sprache als verbindendem Element. Dr. Sören Asmussen sprach über die Faszination naturwissenschaftlicher Experimente und die vielfältigen Möglichkeiten, mit Kindern über Naturphänomene zu philosophieren. Jun.-Prof. Stephan Sallat vermittelte lebhaft, wie man klatschend und singend Sprache und Wahrnehmung mit Musik fördern kann. Der Frage, wie man mit wertschätzender Kommunikation kindlichen Konfliktsituationen im Alltag begegnen kann, widmete sich Marion Müller in ihrem Workshop. Sebastian Schwabe begab sich mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern seines Kurses auf einen Hörspaziergang im Freien und ermöglichte einen praxisnahen Einblick in die Zuhörerförderung. Auf Entdeckerreise begaben sich auch Nina Skorsetz und Sigrid Strecker in Ihrem Workshop und hoben gemeinsam mit Ihren Zuhörerinnen und Zuhörern den Geschichtenschatz. Sie haben gezeigt, wie man das Themenfeld der frühen naturwissenschaftlichen Bildung und Early Literacy spannend mit Kindergartenkindern erobern kann.
Der Buchkinder Leipzig e.V gibt Kindern die Gelegenheit, eigene Bücher zu gestalten und in kleiner Stückzahl zu verlegen. Birgit Schulze
Wehninck und Sven Riemer, die beiden Geschäftsführer des Vereins, legten viele dieser Druckerzeugnisse zum Bestaunen aus und
erklärten anschaulich ihre Arbeit. Im Anschluss sprachen Christine Steinmetzer und Sarah
Girlich vom LakoS über die Sprachförderung mit Kinderbüchern anhand geeigneter Fragetechniken.
Packend schilderte Dr. Claudia Wirts vom Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP) in München die ersten Ergebnisse der BIKE-Studie. Die Studie befasst sich mit Bedingungsfaktoren für gelingende Interaktion zwischen Fachkraft und Kind und wurde bisher in 35 bayerischen Kindergartengruppen durchgeführt. Frau Dr. Wirts zeigte anhand eines Videobeispiels eindrücklich, das auch vermeintlich Stressoren, wie das gemeinsame Mittagessen, sehr gute Anreize zur alltagsintegrierten Sprachförderung liefern.
Dem 3. Leipziger Frühjahrssymposium gelang der Dialog zwischen Praxis und Wissenschaft. Der Fachtag zeigte, dass aus regem persönlichen Austausch, gegenseitigen Impulsen und kreativer Kraft eine positive Weiterentwicklung von Transitionsprozessen gedeihen kann.
Die Veranstaltung wurde unterstützt vom Sächsischen Ministerium für Kultus.
Sören Asmussen
studierte Erziehungswissenschaft und Betriebs-wirtschaftslehre, Promotion im Feld der naturwissenschaftlichen Grundbildung; Tätigkeit an den Universitäten Flensburg (Institut für Physik und Chemie und ihre Didaktik) sowie an der Leuphana Universität Lüneburg (Institut für integrative Studien); praktische Tätigkeit in einem Science-Center, der Phänomenta e. V. in Flensburg; Forschungsschwerpunkte: naturwissenschaftliche Grundbildung, Sozialmanagement und ökonomische Grundbildung.
Julia Höke
ist Erziehungswissenschaftlerin und ist seit 2004 im ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen, Ulm als wissenschaftliche Mitarbeiterin in verschiedenen, vor allem frühpädagogischen Projekten tätig. Aktuell arbeitet sie arbeitet in der wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojekts "Bildungshaus 3 - 10" vor allem zu den Themen Pädagogische Qualität und Professionalisierung pädagogischer Fach- und Lehrkräfte. Außerdem wirkt sie in einer Untersuchung zum Freizeitverhalten von Vorschulkindern mit und betreut die Kooperation mit dem Ravensburger Spieleverlag.
Katrin Liebers ist Professorin am Institut für Grundschulpädagogik der Universität Leipzig mit den Arbeitsschwerpunkten Übergang Kita-Schule, Lernprozessbegleitung und Schulanfang.
Marion Müller
ist Diplom-Sozialpädagogin, Montessori-Pädagogin und Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation. Sie entwickelte zahlreiche Projekte zur Wertschätzenden Kommunikation
in Kindertageseinrichtungen und Schulen. Das Projekt „Fair-Sein“ wurde durch die Universität Leipzig, Bereich pädagogische Psychologie wissenschaftlich evaluiert. Sie arbeitet als
Jugendsozialarbeiterin im Soziokulturellen Zentrum Die VILLA. Sie wirkte beim Aufbau eines Montessori - Kindergartens und einer Montessori - Schule in Leipzig mit. [...]
Stephan Sallat
studierte Sprach- und Lernbehindertenpädagogik an der Universität Leipzig, Promotion in Gießen. Seit 2004 Dozententätigkeit - u.a. an den Universitäten Leipzig, Erfurt, Gießen. Seit April 2014 Juniorprofessor an der Universität Erfurt. Seine gegenwärtigen Forschungsschwerpunkte sind: Spezifische Sprachentwicklungsstörungen; Prosodieverarbeitung; Zusammenhänge zwischen Musik- und Sprachverarbeitung, Musiktherapie bei Kindern mit Sprach- und Kommunikationsstörungen, Diagnostik pragmatischer Fähigkeiten sowie Bildungsbiographien von Kindern mit Förderbedarf im Bereich Sprache. Stephan Sallat ist Vorsitzender der Gesellschaft für interdisziplinäre Spracherwerbsforschung und kindliche Sprachstörungen im deutschsprachigen Raum – GISKID.
Sebastian Schwabe
ist Kommunikationswissenschaftler mit einem Ohr für die Herausforderungen der Teamkommunikation insbesondere in Schulen, einem Händchen für kreatives und aktives Lernen und einem Herz für die Interessen seiner Seminarteilnehmer. Seit 2009 arbeitet er mit seinen Kolleginnen und Kollegen von media:port in den Bereichen Zuhör-, Medienkompetenz- und Kommunikationsförderung.
Nina Skorsetz
ist Grundschullehrerin und seit 2013 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forscherstation in Heidelberg, dem Klaus-Tschira-Kompetenzzentrum für frühe naturwissenschaftliche Bildung gGmbH. Dort entwickelt und begleitet sie Fortbildungen für Erzieher und Grundschullehrkräfte. Im Moment entsteht gemeinsam mit der Stiftung Lesen im Kooperationsprojekt „Kinder, MINT und literacy“ eine Fortbildungsreihe, in der frühe naturwissenschaftliche Bildung und frühe sprachliche Bildung verknüpft werden.
UND
Sigrid Strecker (Germanistin)
ist seit 1994 Mitarbeiterin der Stiftung Lesen im Programmbereich Kita. Seitdem leitet sie Projekte in den Bereichen frühkindliche Bildung im Kita- und Tageselternbereich, ehrenamtliches Vorlesen für verschiedene Generationen, Schulprojekte zur Förderung der Lesemotivation von Schüler/innen und Schülern. Aktuell entwickelt sie die Literacy-Module im Projekt „Kinder, MINT und literacy“ für die Fortbildungsreihe in dem Projek.
In der Druck- und Schreibwerkstatt des Buchkinder Leipzig e.V. entwickeln Kinder und Jugendliche
ihre Geschichten zu eigenen Büchern. Dabei liegt die Besonderheit der Buchkinderarbeit neben dem freien und selbstständigen Arbeiten in der Einbindung in alle Prozesse des
Büchermachsens; vom ersten Strich auf dem Papier bis hin zum Vertrieb des eigenen Buches, welches in kleinen Auflagen in der eigenen Buchmanufaktur hergestellt wird. Mit seiner
Wanderausstellung und einem Seminarprogramm ist der Verein bundesweit und international unterwegs.
Claudia Wirts
studierte Sprachheilpädagogik an der LMU München und promovierte 2013 an der PH Heidelberg (Thema: Entwicklungsverläufe von Late Talkers). Seit 2007 ist sie im Staatsinstitut für Frühpädagogik als wissenschaftliche Referentin mit den Schwerpunktbereichen Zuhören, Sprache, Interaktion und sprachliche Bildung im Krippenalter beschäftigt. Derzeit betreut sie das Projekt BIKE - Bedingungsfaktoren für gelingende Interaktionen zwischen Erzieherinnen und Kindern und ist mit der Implementierung der Bayerischen Bildungsleitlinien von 0-10 mit der schriftlichen und filmischen Aufbereitung guter Praxis beschäftigt.
Dr. Markus Spreer
ist Sprachheilpädagoge und promovierte 2012 in Leipzig. Seit 2007 ist er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Sprachbehindertenpädagogik der Universität Leipzig tätig. Seine gegenwärtigen Forschungsprojekte sind: Prosodische Fähigkeiten spezifisch sprachentwicklungsgestörter Kinder; Wortschatz- und Sprachverständnisleistungen von Schülern im Förderschwerpunkt "Motorische Entwicklung"; Berufs- und Bildungsbiographien von Kindern mit Sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Sprache – Übergänge im Bildungssystem.
UND
Prof. Dr. Christian W. Glück vertritt die Professur Pädagogik mit Förderschwerpunkt Sprache und Kommunikation an der Universität Leipzig und ist Leiter des Instituts für Sprache und Kommunikation in Bildung, Prävention und Rehabilitation INSKOM. Nach einem Lehramts- und Magisterstudiengang Sprachheilpädagogik mit den Nebenfächern Psycholinguistik und Kognitive Psychologie an der LMU München arbeitete er als Lehrer an Sprachheil- und Lernförderschulen in Bayern. Er war Doktorand und Assistent von Frau Prof. A. Kotten-Sederquist und Mitarbeiter bei Prof. M. Grohnfeldt. Dann erhielt er den Ruf an die Pädagogische Hochschule Heidelberg und später an die Universität Leipzig. Seine Arbeits- und Forschungs-schwerpunkte liegen vorwiegend in anwendungs- und auch in grundlagenwissenschaftlichen Fragen der Diagnostik und Therapie bei Sprachentwicklungsstörungen und Stottern. Als Projektleiter der Ki.SSES-Längsschnittstudie fokussierte er Fragen der Qualität und Wirksamkeit sprachfördernder und sprachtherapeutischer Angebote in unterschiedlichen Beschulungssettings. Als Projektleiter des LakoS unterstützt er die sprachliche Bildung und Förderung im Elementarbereich in Sachsen.
Sarah Girlich
ist Sprachwissenschaftlerin und Projektkoordinatorin/Wissenschaftliche Mitarbeiterin im LakoS (Landeskompetenzzentrum zur Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen in Sachsen).
Christine Steinmetze
ist klinische Sprechwissenschaftlerin und Projektkoordinatorin/Wissenschaftliche Mitarbeiterin im LakoS (Landeskompetenzzentrum zur Sprachförderung an Kindertageseinrichtungen in Leipzig).
Anna Spindler
ist Diplom-Psychologin, wissenschaftliche Referentin beschäftigt sich mit den Schwerpunkten: frühkindliche Entwicklung und Bildungsprozesse frühpädagogische Fort-und Weiterbildung, Evaluation und Qualitätsmanagement.
Thema: Anschlussfähige Bildungsprozesse gestalten - für Kinder zwischen 0 und 10 Jahren
Das Leipziger Frühjahrssymposium wird vom Landeskompetenzzentrum für Sprachförderung an Kindertageseinrichtungen in Sachsen (LakoS) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sprache und Kommunikation in Prävention, Bildung und Rehabilitation (INSKOM) und der Universität Leipzig veranstaltet.
Der Fachtag wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
Das Landeskompetenzzentrum zur sprachlichen Bildung und Förderung befindet sich in Trägerschaft des Vereins zur Förderung von Sprache und Kommunikation e. V.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.