Sprache & Kommunikation
24.05.2024
«AiS für alle» – alltagsintegrierte sprachliche Bildung in Kita, Kindertagespflege & Hort
Der Fachtag stand unter der Schirmherrschaft des Sächsischen Staatsministers für Kultus Christian Piwarz.
Geheimnisse des AiS-Machens - Alltagsintegrierte sprachliche Bildung kindorientiert und einrichtungsgerecht gestalten
Nur wenige Grundzutaten braucht ein Eis für den Geschmack, aber es braucht besondere Umstände, damit es so eine schöne, cremige Konsistenz entwickelt. Lässt sich da was für die Herstellung von AiS – also der alltagsintegrierten, sprachlichen Bildung – abschauen? Im Vortrag gehen wir dem Geheimnis der Zutaten für AiS auf den Grund. Auf die Zutatenliste vom Spracherwerb kommen: das gemeinsame kommunikative Handeln, die Bausteine und Regeln von Sprache und ein Schuss Freude am Sprechen. Und wir erkunden im Vortrag die besonderen Bildungs-Umstände des Spracherwerbs. Dazu gehören die Sprachenwelten in der Familie und in der Einrichtung. Genau hier können Kindertagespflegepersonen und pädagogische Fachkräfte in Kita und Hort dazu beitragen, dass auch für AiS die richtige Konsistenz entsteht.
Und lässt sich die Sprachentwicklung noch toppen? Natürlich mit dem richtigen Topping. Es stehen zur Auswahl: die Nutzung sprachanregender Situationen und Strategien, geplantes und spontanes
Gestalten sprachlicher Bildungsaktivitäten, seien es die typischen Sprachbildungssituationen wie das Bilderbuchlesen oder Rollen- und Theaterspiele, seien es die Gelegenheiten für vertiefte
Gespräche wie beim Philosophieren mit Kindern, in der Begleitung von Kindern bei freien Spielaktivitäten oder seien es Bildungsaktivitäten der frühen literalen Kompetenzen und der
Sprachbewusstheit.
Ja, aber wem schmeckt denn welches AiS? Wie beim richtigen Eis gibt es Klassiker: Sprachbildungsangebote, die für (fast) jedes Kind geeignet sind. Und dennoch hat jedes Kind auch seine eigenen
Bedarfe und Geschmäcker. Mit Beobachten, Dokumentieren und dem Austausch darüber wird deutlich, wo und wie diese individuellen Bedürfnisse befriedigt werden können.
Bleibt zum Schluss noch die Frage, in welcher Eisdiele das Eis eigentlich am besten schmeckt. Wir vom Landeskompetenzzentrum zur sprachlichen Bildung und Förderung (LakoS) arbeiten zusammen mit
unseren Partnern im Landesprogramm zur Alltagsintegrierten sprachlichen Bildung daran, dass überall in Sachsen gutes und passendes AiS angeboten werden kann. Und wir begrüßen es, wenn
pädagogische Fachkräfte, Kindertagespflegepersonen, ganze Einrichtungen oder gar ganze Träger sich auf den Weg machen und immer weiter in die Geheimnisse des AiS-Machens eindringen möchten. Wir
vom LakoS helfen ihnen zusammen mit den Sprachmentorinnen und -mentoren in den Landkreisen und Städten dabei.
Und wo ist die beste Eis-/ AiS-Einrichtung in Sachsen? Gern nehmen wir Ihre Tipps entgegen.
1) Christine Steinmetzer
Workshop am Vormittag:
Zeig mir, was du sagst -
Grundlagen Alltagsintegrierter Sprachbildung bei Kindern U3
Im Workshop begeben wir uns auf Spurensuche nach den Anfängen der Sprachentwicklung bei Kleinstkindern. Welche Faktoren und Methoden in der Kommunikation mit kleinen Kindern begünstigen den Spracherwerb und wie können sie im Tagespflege- und Krippenalltag gezielt eingesetzt werden?
Der Workshop richtet sich an Fachkräfte, die sich mit den Grundlagen und Anfängen Alltagsintegrierter Sprachbildung befassen und Lust haben, ausgewählte altersgeeignete Methoden kennenzulernen und auszuprobieren.
Workshop am Nachmittag:
Komm, wir spielen sprechen -
Alltagsintegrierte sprachliche Bildung für Kinder von 3-6
Der Wechsel von der Tagespflege oder Krippe in den Kindergartenbereich stellt auch sprachlich einen Meilenstein für Kinder dar. Gerade noch stand die nonverbale Kommunikation im Vordergrund und schon werden Wörter zu komplexeren Äußerungen zusammengefügt und ausprobiert.
Im Workshop wollen wir gemeinsam Kita-Alltagssituationen und Spielinteressen von Kindern unter die Lupe nehmen und analysieren auf welche Weise und mit welchen Methoden Alltagssituationen für sprachliche Bildung nutzbar gemacht werden können. Zusätzlich probieren wir konkrete Impulse zur sprachlichen Bildung aus, die sich in der Gruppe leicht umsetzten lassen.
2) Prof.in Dr.in Nadine Madeira Firmino
Bewegungsorientierte Sprachbildung für ein- und mehrsprachige Kinder
Kinder nutzen Sprache von klein auf vielfältig und individuell. Sie äußern ihre Bedürfnisse und Wünsche mit allen ihnen zur Verfügung stehenden nonverbalen und verbalen Mitteln – unabhängig davon, ob sie mit einer oder mehreren Sprachen aufwachsen. Wie fühlt es sich an, mit mehr als einer Sprache aufzuwachsen?
In diesem Workshop wird der Frage praxisorientiert nachgegangen und aufgezeigt, wie die Sprachentwicklung in und durch Bewegung im pädagogischen Alltag unterstützt werden kann. Neben der Vorstellung aktueller Erkenntnisse aus der Wissenschaft zur bewegungsorientierten Sprachbildung bietet der Workshop Anregungen zur Verknüpfung sprachlicher und motorischer Ausdrucksmöglichkeiten.
3) Robert Jurleta
Ein bunter Haufen Sprachen - Alltagsintegrierte sprachliche Bildung für mehrsprachig aufwachsende Kinder in Kita und Hort
Gute kommunikative und sprachliche Kompetenzen in der Umgebungssprache sind eng mit erfolgreichen Bildungsprozessen und Teilhabemöglichen verknüpft. Um Kindern, die erst im Kindergarten oder Hort bzw. in der Grundschule mit der neuen Umgebungssprache Deutsch in Kontakt kommen, gute Voraussetzungen für die weitere Bildungsbiografie mitzugeben, sind die Methoden der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung ein erfolgversprechender Baustein. Mit diesen kann es gelingen, motivierende Lernsituationen zu schaffen, die an den Kompetenzen und Interessen der Kinder anknüpfen, ohne zu einem Auswendiglernen von seltsam klingenden Worten zu werden. Im Rahmen des Workshops reflektieren wir gemeinsam die Schritte, die Kinder auf dem Weg zum erfolgreichen Erwerb einer neuen Sprache gehen, welche Strategien die Kinder selbst anwenden und welche Herausforderungen sich manchmal ergeben können. Gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern werden verschiedene Methoden ausprobiert und Materialien vorgestellt, die dazu einladen, die Familien in die sprachlichen Bildungsprozesse aktiv einzubinden.
4) Ulrike Kurzawe
Praxiswerkstatt Sprachliche Bildung mit digitalen Medien
Sprachliche Bildung kann immer und überall stattfinden, wo pädagogische Fachkräfte mit Kindern in Austausch treten. Sie findet im Alltagsgeschehen statt und richtet sich an alle Kinder: Ob handlungsbegleitendes Sprechen, Wiederholung, korrektives Feedback, dialogisches Lesen oder gemeinsames Fragenstellen und Philosophieren, die tägliche Praxis bietet vielfältige Möglichkeiten für niedrigschwellige sprachliche Bildung. Dies gilt auch für die Nutzung digitaler Medien im pädagogischen Alltag. Mit ihrer Hilfe können Fragen und Themen der Kinder situativ aufgegriffen, bearbeitet und dokumentiert werden, Alltagsstrukturen können hör- und sichtbar gemacht werden und Kinder können durch dieses Erleben und eigenes Tun wichtige Fertigkeiten und Kenntnisse erwerben und festigen. Und all diese unterschiedlichen Situationen können durch Fachkräfte sprachbildend begleitet werden. In welcher Form sprachliche Bildung mit digitalen Medien möglich ist, können die Teilnehmenden im Workshop selbst ausprobieren. Von Geräuscherätseln, Fotosafaris und mehrsprachigen digitalen Bilderbüchern über Experimentieren mit Mikroskop, Endoskop, Robotern und Co. oder Philosophieren über Technik: Zum praktischen Erproben werden verschiedene Geräte und Apps vor Ort zur Verfügung stehen (technisches Vorwissen ist nicht erforderlich). Zudem wird es Raum geben für Austausch über Erfahrungen, Tipps und Hinweise für den pädagogischen Umgang mit digitalen Medien.
5) Anne Walther
Familien aktiv in die sprachliche Bildung und Förderung einbinden –
Ein Blick in die Praxis
Familien sind die erste Bildungsinstanz für ihre Kinder. Doch welche Stolpersteine können im Weg liegen, um Familien bei der sprachlichen Bildung ihrer Kinder zu begleiten. Was brauchen Familien und welche Möglichkeiten habe ich als pädagogische Fachkraft, Familien und an der Erziehung beteiligte Personen zu erreichen? Wo stoßen wir auf Grenzen und wie können wir dennoch mit allen zielorientiert zusammenarbeiten? Dieser Workshop soll eine Brücke zwischen der Lebenswelt von Familien und dem Bildungsauftrag von Erzieherinnen, Erziehern und Kindertagespflegepersonen bauen. Zusammen mit Ihnen schauen wir auf Praxisbeispiele und Fälle aus Ihrem pädagogischen Alltag. Gemeinsam finden wir heraus, welche neuen Wege gegangen werden können, um die Zusammenarbeit mit Familien aufzubauen oder weiterhin zu festigen, ohne dabei den realistischen Blick auf die strukturellen Gegebenheiten in pädagogischen Einrichtungen und der Tagespflege zu verlieren.
6) Adela Mahling
Wertschätzende Aushandlungsprozesse mithilfe von Systemischem Konsensieren
Wir alle wünschen uns, dass wir gemeinsam im Team am gleichen Strang ziehen und Teamsitzungen reibungsarm und zeitschonend verlaufen. Doch im beruflichen Alltag kann es vorkommen, dass die gemeinsame Suche nach der idealen Gestaltung der pädagogischen Arbeit viel Zeit kosten kann. Entscheidungen, die im Alleingang getroffen werden, übergehen manche Widerstände und beschleunigen Prozesse, doch gleichzeitig können sie im Nachhinein für langwierige Konflikte sorgen, die die Arbeit im Team erschweren. Was wäre, wenn wir Widerstände im Team wertschätzend aufnehmen und sie uns als Wegweiser zu tragfähigeren, gemeinsamen Entscheidungen verhelfen? Wenn sich dadurch die Teambesprechungen verkürzen und konstruktiver verlaufen als vorher? Hier kann das Systemische Konsensieren eine gute Unterstützung sein. Dieser innovative Entscheidungsansatz wird bereits in vielen Bereichen der Gesellschaft erfolgreich angewandt. Das Systemische Konsensieren unterstützt Teams und Gruppen, ihre Zusammenarbeit zu stärken, Entscheidungen auf eine gemeinsame Basis zu stellen und macht damit die aktive Partizipation aller wieder attraktiv. Im Workshop lernen Sie die Grundzüge dieses Ansatzes kennen und können seine Vorzüge und Regeln selbst erfahren. Sie probieren die wichtigsten Werkzeuge des Systemischen Konsensierens aus und erhalten Ideen, wie Sie in Dienstbesprechungen und bei Entscheidungsprozessen Widerstand konstruktiv nutzen können – im Team, mit Eltern und sogar mit Kindern.
7) Dr.in Claudia Wirts & Ines Mackowiak
Kita und Frühförderung – durch Kooperation mehr erreichen
Der Workshop beschäftigt sich damit, wie Kooperationen zwischen inklusiven Kitas und Hilfesystemen professionell gestaltet und multidisziplinäre Expertise gewinnbringend genutzt werden können. Dazu gehen wir im Workshop folgenden Fragen nach: Wie können Kooperationen gut gelingen? Wodurch wird ein Therapiebedarf deutlich? Bei welchen Institutionen kann Unterstützung eingeholt werden? Die Alltagsintegrierte Sprachbildung in der Kita ist dabei ein wichtiger Baustein für die kindliche Sprachentwicklung, aber manche Kinder brauchen mehr; die einen nur mehr Zeit, andere vielleicht therapeutische Unterstützung. Doch woran erkennen Sie, welches Kind welche Art der Unterstützung bedarf? An Fallbeispielen sollen sich die Teilnehmenden konkrete Wege erarbeiten, welche Empfehlungen für welche Kinder passen. Zudem wird eine neue Webanwendung aus dem Projekt „DigiNet Inklusion“ vorgestellt, mit der die Kooperationssuche für Kitas in Sachsen vereinfacht werden soll. Gemeinsam werden die Praxisbeispiele und Kooperationsideen diskutiert und weiter Ideen gesammelt, um eine Vision der gut vernetzten „Kita von Morgen" zu entwickeln und Kooperationsstrukturen neu zu denken.
8) Dana Gaigulo (geb. Marks)
Vermittlung von Lernstrategien in der Wortschatzarbeit mit ein- und mehrsprachigen Vorschul- und Grundschulkindern*
Für viele Fachkräfte in der Sprachtherapie, Sprachheilpädagogik und Sprachförderung kommt Wortschatztherapie und -förderung einer „never ending story“ gleich. Ein- und mehrsprachigen Kindern mit Unterstützungsbedarf im Bereich Wortschatz die unüberschaubare Menge an Wörtern beizubringen, die gleichaltrige Kinder bis dahin spielend erlernt haben, erscheint ermüdend und unrealistisch. Zudem ergeben sich aus massiven Wortschatzdefiziten häufig Rückstände auf weiteren sprachlichen Ebenen (wie z.B. Schwierigkeiten in der korrekten Genusverwendung als Schnittstelle zu grammatischen Störungen oder Einschränkungen im Verstehen und Produzieren von Texten). Eine Negativspirale gerade in Bezug auf Schulleistungsentwicklung kann die Folge sein. Um dieser Herausforderung zu begegnen, sind in den letzten Jahren zunehmend Therapie- und Förderansätze entstanden, die im Gegensatz zu traditionellen Formen der Wortschatztherapie nicht einzelne Wörter, sondern Strategien in den Mittelpunkt stellen. Ein in Deutschland zunehmend bekannterer Ansatz ist die Strategietherapie „Der Wortschatzsammler“ (Motsch, Gaigulo, Ulrich 2022): Die Kinder lernen auf kindgerechte Weise, wie sie lexikalische Lücken erkennen und füllen können und verbessern durch die Intervention ihre Fähigkeit, eigenständig neue Wörter einzuspeichern, wieder abzurufen und mit anderen Wörtern zu verknüpfen. Dem „Wortschatzsammler“ folgten weitere Konzepte, in denen die Kinder – ebenfalls aktiv-strategisch – den genannten Primär-, Begleit- und Folgeproblematiken begegnen. Beispiele für letztgenannte sind die Strategieorientierte Genustherapie (Riehemann 2021) oder auch die Lesetricks von Professor Neugier (Mayer & Marks 2021), ein strategieorientiertes Konzept zur Förderung des Leseverständnisses. Hier setzt der Workshop an: Es werden praktische Einblicke in die Vielfalt einer weiter gefassten Wortschatzarbeit gegeben, in der die Vermittlung von (Wort-)Lernstrategien in den Fokus gerückt wird, von der Einzelwort- bis zur Textebene. Grundlagen und Prinzipien eines strategieorientierten Vorgehens im Bereich Semantik/ Lexikon und dessen Schnittstellen, sowie exemplarische Methoden, die für unterschiedliche Zielgruppen und Settings im Elementar- und Primarbereich geeignet sind, sollen an (Video-)Beispielen und mitgebrachten Materialien veranschaulicht werden und so die Vorteile einer solchen Herangehensweise aufzeigen und den unterschiedlichen Fachpersonen „Lust auf mehr“ machen.
*Nach vorheriger Absprache können Fachkräfte für Workshop 8 im Sinne des Vertrags nach § 125 Absatz 1 SGB V über die Versorgung mit Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie Fortbildungspunkte erhalten (45 Min. = 1 UE = 1 Fortbildungspunkt).
Das Landeskompetenzzentrum zur sprachlichen Bildung und Förderung befindet sich in Trägerschaft des Vereins zur Förderung von Sprache und Kommunikation e. V.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.