13. Leipziger Frühjahrssymposium
Sprache & Kommunikation
24.05.2024
«AiS für alle» – Alltagsintegrierte sprachliche Bildung in Kita, Kindertagespflege & Hort
Der Fachtag stand unter der Schirmherrschaft des Sächsischen Staatsministers für Kultus Christian Piwarz.
«AiS für alle» war das Motto des 13. Leipziger Frühjahrssymposiums. Wir bedanken uns bei über
165 Teilnehmenden, die mit uns verschiedene Möglichkeiten der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung in Kita, Kindertagespflege und Hort ausprobierten, diskutierten und
reflektierten.
In unserer AiS-Diele an der Universität Leipzig konnten pädagogische Fachkräfte, Kita-Leitungen, Fachberater/-innen, Trägervertreter/-innen, Wissenschaftler/-innen,
Mitarbeiter/-innen aus verschiedenen Ministerien und auch Fachkräfte aus der Logopädie sowie Sprachtherapie einen Hauptvortrag hören und an zwei von acht Workshops teilnehmen.
Dr. Nicole Wolfram
Mit großer Freude hielt Dr. Nicole Wolfram als Referatsleiterin des Referates 42 Kindertagesbetreuung das inspirierende Grußwort zum Fachtag, das die Bedeutung alltagsintegrierter sprachlicher
Bildung betonte und die Initiativen des Freistaats zur Unterstützung dieses wichtigen Bausteins kindlicher Entwicklung aufzeigte. Dr. Wolfram hob die engagierte Arbeit der pädagogischen
Fachkräfte hervor und bekräftigte deren unverzichtbare Rolle in der kindlichen Sprachentwicklung.
Prof. Dr. Christian W. Glück
Geheimnisse des AiS-Machens - Alltagsintegrierte sprachliche Bildung kindorientiert und einrichtungsgerecht gestalten
Prof. Christian W. Glück eröffnete als Vertreter des LakoS und der Universität Leipzig den Fachtag im Hörsaal zum Thema "Geheimnisse des AiS-Machens". Der Vortrag begann mit einer das Fachtagsmotto ansprechenden Analogie: Wie ein leckeres Eis nur wenige, aber qualitativ hochwertige Zutaten benötigt, so braucht auch die alltagsintegrierte sprachliche Bildung (AiS) spezielle, aber grundlegende Elemente: gemeinsames kommunikatives Handeln, die fundamentalen Bausteine und Regeln der Sprache sowie eine gehörige Portion Freude am Sprechen. Diese Zutatenliste, angereichert mit lebhaften Beispielen und Anekdoten, machte die komplexen Prozesse des Spracherwerbs greifbar und nachvollziehbar.
Die familiäre und institutionelle Sprachenwelt eines Kindes wurde als entscheidender Rahmen dargestellt, innerhalb dessen die sprachliche Entwicklung gedeiht. Prof. Glück zeigte eindrucksvoll, wie Kindertagespflegepersonen und pädagogische Fachkräfte in Kitas und Horten diesen Rahmen gestalten können, um eine "cremige Konsistenz“ der sprachlichen Bildung zu erreichen. Zum Abschluss appellierte Prof. Glück an die kollektive Anstrengung, die erforderlich ist, um überall in Sachsen qualitativ hochwertige alltagsintegrierte Sprachbildung umzusetzen.
Clemens Rothbauer
Für die grafische Dokumentation des Vortrags haben wir erneut den Grafikdesigner Clemens Rothbauer gewinnen können. Das AiS-Potpourri sehen Sie hier:
von Clemens Rothbauer 24.05.2024
Workshop 1: Christine Steinmetzer
Vormittag: Zeig mir, was du sagst - Grundlagen Alltagsintegrierter Sprachbildung bei Kindern unter 3 Jahren
Nachmittag: Komm, wir spielen sprechen - Alltagsintegrierte sprachliche Bildung für Kinder von 3 - 6
Im Methodenworkshop ging Christine Steinmetzer gemeinsam mit den Teilnehmenden auf eine Spurensuche nach den Anfängen der Sprachentwicklung. Welche Faktoren und Methoden begünstigen die Sprachentwicklung? Diese Frage stand im Zentrum des Workshops, der zahlreiche praxisnahe Antworten lieferte. Die Teilnehmenden lernten, wie sie durch altersgerechte Methoden im Tagespflege- und Krippenalltag gezielt den Spracherwerb begleiten und fördern können.
Der Nachmittag widmete sich dem bedeutenden Übergang vom Krippen- in den Kindergartenbereich. Dieser Wechsel stellt auch sprachlich einen Meilenstein dar. So nahmen die Fachkräfte Alltagssituationen und Interessen von Kindern unter die Lupe, um herauszufinden, wie diese gezielt für die sprachliche Bildung genutzt werden können. Nonverbale Kommunikation tritt mehr und mehr in den Hintergrund, während Kinder beginnen, Wörter zu komplexeren Äußerungen zusammenzufügen und auszuprobieren.
Beide Workshops stellten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine Fülle an praktischen Methoden und neuen Erkenntnissen zur sprachlichen Bildung bereit. Die interaktive Gestaltung und der intensive Austausch untereinander machten die Sessions zu jeweils inspirierenden 90 Minuten.
Workshop 2: Prof.in Dr.in Nadine Madeira Firmino
Bewegungsorientierte Sprachbildung für ein- und mehrsprachige Kinder
Dieses Jahr nutzten wir den Hörsaal als zusätzlichen Workshopraum. Er bot ausreichend Platz für das Thema Sprache und Bewegung. Prof.in Madeira Firmino schaffte eine ausgewogene Balance zwischen theoretischen Grundlagen im Bereich der Sprachentwicklung und darauf aufbauenden bewegungsorientierten Impulsen für die pädagogische Praxis. Durch verschiedene Übungen und praktische Beispiele erlebten die Teilnehmenden, wie Bewegung gezielt in den pädagogischen Alltag integriert werden kann, um die Sprachentwicklung zu fördern. Die Praxisimpulse reichten von Mundmotorikübungen bis hin zu Bewegungsspielen, die sowohl die motorischen Fähigkeiten als auch die sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten der Kinder stärken.
Die Auseinandersetzung mit bewegungsorientierter Sprachbildung zeigte erneut die Relevanz der pädagogischen Fachkraft als Sprachvorbild und wie sie Sprache lebendig und spannend gestalten kann. Hierbei haben Art und Weise des Sprechens, Blickkontakt, Berührungen, Körpersprache, das Vorwissen u. v. m. entscheidende Auswirkungen auf die Fachkraft-Kind-Interaktionsqualität.
Besonders mehrsprachig aufwachsende Kinder profitieren von bewegungsorientierter Sprachbildung, da Bewegungssituationen mehr Möglichkeiten des sprachlichen Ausdrucks bieten. Einen weiteren spannenden Diskussionspunkt bildete das sogenannte Code-Switching. Die Referentin sensibilisierte die Teilnehmer/-innen für das Phänomen und klärte über die Komplexität des Code-Switching-Prozesses und seine Normalität auf.
Workshop 3: Robert Jurleta
Ein bunter Haufen Sprachen - Alltagsintegrierte sprachliche Bildung für mehrsprachig aufwachsende Kinder in Kita und Hort
How would you feel, if your teacher randomly starts talking English to you? How would you feel, if . . .
Mit diesem kurzen Perspektivwechsel nahm Robert Jurleta seine Workshopteilnehmer-/innen in das Phänomen der Mehrsprachigkeit mit. Um Kindern, die erst im Kindergarten-, Hort- bzw. Grundschulalter mit der Umgebungssprache Deutsch in Kontakt kommen, gute Voraussetzungen für die weitere Bildungsbiografie mitzugeben, sind die Methoden der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung ein erfolgversprechender Baustein. Im Workshop wurden verschiedene Methoden ausprobiert und Materialien vorgestellt, die einerseits im pädagogischen Alltag integriert werden können und andererseits dazu einladen, die Familien in die sprachlichen Bildungsprozesse aktiv einzubinden.
Auf die Frage, inwiefern die Eiskönigin, Spiderman und Bilderbücher dabei eine Rolle spielen, können Sie in einer LakoS-Fortbildung herausfinden.
Haben Sie Interesse an einer Fortbildung zum Thema Mehrsprachigkeit, Sprachentwicklung oder andere Themen der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung? Dann verschaffen Sie sich hier einen thematischen Überblick:
Workshop 4: Ulrike Kurzawe
Praxiswerkstatt Sprachliche Bildung mit digitalen Medien
Warum sollte Medienbildung in der frühen Bildung schon eine Rolle spielen? Und mit welchen Medien und Methoden setzen die Fachkräfte (bisher) sprachliche Bildung um? Mit diesen Impulsfragen legte Ulrike Kurzawe eine Diskussions- und Austauschgrundlage in Workshop 4. Die Gruppe überlegte im Hinblick auf die pädagogische Praxis, inwiefern Themen der Kinder situativ aufgegriffen, bearbeitet, dokumentiert und Alltagsstrukturen hör-sowie sichtbar gemacht werden können. Dabei blieb es nicht nur bei der Theorie; zum praktischen Erproben standen verschiedene Geräte und Apps vor Ort zur Verfügung: Geräusche-Rätsel, Fotosafaris, mehrsprachige digitale Bilderbücher, Experimentieren mit Mikroskop, Endoskop, Robotern und Co.
Haben Sie Interesse an einer Fortbildung zu sprachlicher Bildung mit digitalen Medien, ihren Einsatz in der pädagogischen Praxis oder andere verwandten Themen? Dann verschaffen Sie sich hier einen thematischen Überblick:
Workshop 5: Anne Walther
Familien aktiv in die sprachliche Bildung und Förderung einbinden –
Ein Blick in die Praxis
Wie können wir eine Brücke zwischen der Lebenswelt von Familien und dem Bildungsauftrag von Erzieherinnen, Erziehern und Kindertagespflegepersonen schlagen? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines inspirierenden Workshops und bot den Teilnehmenden eine lebhafte und erkenntnisreiche Gelegenheit für Austausch und die Reflexion der eigenen Arbeit. Mit anschaulichen Praxisbeispielen im Gepäck reflektierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam Stolpersteine sowie Möglichkeiten, wenn es darum geht, Familien bei der sprachlichen Bildung ihrer Kinder zu begleiten.
Weiterhin gab es regen Austausch über unterschiedliche Bedarfe von Familien und welche Optionen pädagogische Fachkräfte haben, Familien und an der Erziehung beteiligte Personen zu erreichen. Die Referentin stellte diverse Unterstützungsformate vor: LakoS-Materialien, Kinderbücher, regionale Beratungsangebote und Methoden/Aktionen wie z. B. Marte Meo, Hospitation von Eltern in Kitas, zusätzliche Eltern-Sprechzeiten zur Sprachentwicklung oder Übersetzungstools wie Google Lens und vieles mehr. Als weitere bedeutende Gelingensbedingung wurde ein vertrauensvolles und kooperatives Netzwerk(en) unter Kolleginnen und Kollegen hervorgehoben. Die Teilnehmenden betonten, wie wichtig es ist, sich gegenseitig zu unterstützen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.
Workshop 6: Adela Mahling
Wertschätzende Aushandlungsprozesse mithilfe von Systemischem Konsensieren
Widerstände wertschätzend im Team aufnehmen? Widerstände als Wegweiser zu tragfähigeren, gemeinsamen Entscheidungen nutzen? Das, was nach einer traumhaften Wunschvorstellung klingt, kann durch die Methode des Systemischen Konsensierens (SK) gelingen. In Workshop 6 führte Adela Mahling von den Konsenslotsen in das SK-Prinzip ein. Eingangs sammelten die Workshopteilnehmer/-innen neben förderlichen Eigenschaften/Kompetenzen auch hinderliche Faktoren für gemeinsame Entscheidungsfindungen:
Mit den Teilnehmenden wurde anschließend diskutiert, welche Unterschiede zum Prinzip des Mehrheitsentscheids vorliegen, welche Vorzüge SK demgegenüber bietet und wie die Methode Teams und Gruppen unterstützen sowie Zusammenarbeit stärken kann. Hierbei eröffnete die Referentin nicht nur die Anwendungsmöglichkeit innerhalb des Kollegiums, sondern auch die Nutzung in der Arbeit mit Kindergruppen anhand ihres Kinderbuchs "Der Igeltraum". Neben dem Workshop präsentierte die Referentin an ihrem Infostand ihr veröffentlichtes Buch:
Workshop 7: Dr.in Claudia Wirts & Ines Mackowiak
Kita und Frühförderung – durch Kooperation mehr erreichen
Workshop 7 bot eine gute Gelegenheit für Fachkräfte, die Zusammenarbeit zwischen Kitas und Hilfesystemen kennenzulernen und die Vorteile multidisziplinärer Teams zu entdecken. Zu Beginn präsentierten die Referentinnen die vielfältigen Unterstützungsangebote der Frühförderstelle Känguru. Diese Einblicke legten den Grundstein für den weiteren Verlauf des Workshops und weckten großes Interesse unter den Teilnehmenden. Anschließend wurden die Grenzsteine der Sprachentwicklung vorgestellt. Diese Orientierungspunkte helfen, den richtigen Zeitpunkt für eine sprachtherapeutisch-logopädische Abklärung zu erkennen. Anhand anschaulicher Beispiele aus dem Arbeitsalltag erarbeiteten sich die Teilnehmenden konkrete, individuelle Handlungsschritte.
Als Gelingensbedingungen für die Kooperation zwischen Kita und Frühförderstellen wurden Strukturqualität, Prozessqualität sowie Ergebnisqualität herausgestellt. Faktoren wie ausreichend Ressourcen, klare Zuständigkeiten/Aufgabenverteilung, realistische Zielsetzung etc. spielten hierbei eine wichtige Rolle.
Abschließend
wurde eine neue Webanwendung aus dem Projekt „DigiNet Inklusion“ vorgestellt, mit der die Kooperationssuche für Kitas in Sachsen vereinfacht werden soll.
Die beiden Referentinnen brachten ihre umfangreichen Arbeitserfahrungen aus Frühförderstellen, Kitas und Wissenschaft ein, was den Austausch unter den Fachkräften bereicherte. Die Diskussionen ermöglichten es den Teilnehmenden, wertvolle Einsichten und praktische Lösungen zu teilen.
Workshop 8: Dana Gaigulo (geb. Marks)
Vermittlung von Lernstrategien in der Wortschatzarbeit mit ein- und mehrsprachigen Vorschul- und Grundschulkindern
Für viele Fachkräfte in der Sprachtherapie, Sprachheilpädagogik und Sprachförderung gleicht die Wortschatztherapie einer „never ending story“. Doch dieser Workshop brachte frischen Wind in das Thema und eröffnete neue Perspektiven, wie Wortschatzdefizite bei ein- und mehrsprachigen Kindern effektiv angegangen werden können.
Die schiere Menge an Wörtern, die Kindern mit Unterstützungsbedarf beigebracht werden muss, wirkt oft entmutigend. Große Wortschatzdefizite führen zu weiteren sprachlichen Problemen und können die Schulleistungsentwicklung negativ beeinflussen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wurden in den letzten Jahren innovative Therapie- und Förderansätze entwickelt, die Strategien statt einzelner Wörter in den Mittelpunkt stellen.
Ein Höhepunkt des Workshops war die Vorstellung der Strategietherapie Der Wortschatzsammler (Motsch, Gaigulo, Ulrich 2022). Die Kinder lernen, wie sie lexikalische Lücken erkennen und füllen und verbessern ihre Fähigkeit, neue Wörter selbstständig zu lernen sowie zu verknüpfen. Diese Methode wurde durch weitere strategieorientierte Konzepte ergänzt, wie die Strategieorientierte Genustherapie (Riehemann 2021) und die Lesetricks von Professor Neugier (Mayer & Marks 2021), die das Leseverständnis fördern.
Der Workshop 8 eröffnete praktische Einblicke in eine erweiterte Wortschatzarbeit, die (Wort-)Lernstrategien in den Fokus rückt. Von der Einzelwort- bis zur Textebene wurden Grundlagen und Prinzipien eines strategieorientierten Vorgehens im Bereich Semantik und Lexikon erläutert. Anhand von (Video-)Beispielen und mitgebrachten Materialien konnten die Teilnehmer/-innen die Methoden selbst erleben, ihre Vorteile erkennen und auf ihre Anwendungsmöglichkeiten im Elementar- und Primarbereich reflektieren.
Wir bedanken uns bei allen anwesenden Ausstellerinnen und Ausstellern: Kita Dialogital, Konsenslotsen, DKJS Sachsen, SEV Gewerkschaft, IKS Sachsen und die Koordinierungsstelle des Landesprogramms alltagsintegrierte sprachliche Bildung in der Kindertagesbetreuung Sachsen. Sie haben die workshopfreien Phasen mit Leben gefüllt.
SAVE THE DATE
Wir freuen uns, Sie alle zum 14. LFS am 04.04.2025 in Leipzig begrüßen zu dürfen oder vielleicht auch schon vorher bei Fortbildungen, in Netzwerktreffen oder im gemeinsamen Austausch auf anderen Wegen.
Wir, das Team des Landeskompetenzzentrums zur sprachlichen Bildung und Förderung an Kindertageseinrichtungen in Sachsen (LakoS), danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Der Fachtag stand unter der Schirmherrschaft
des Sächsischen Staatsministers für Kultus Christian Piwarz.
Das Landeskompetenzzentrum zur sprachlichen Bildung und Förderung befindet sich in Trägerschaft des Vereins zur Förderung von Sprache und Kommunikation e. V.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.